Anticapitalist Starship
Die linksradikale Expedition durchs All
Sind Sie bereit? Trauen Sie sich!
Unsere rundum komplizierte und mal mehr und mal weniger sympathische Crew heißt sie herzlichst willkommen. Sie erkunden diese und verwandte Galaxien mit Ka, Lamou, Tian und Uli.
An Board soll eine tolerante Fehlerkultur gelebt werden, Gefühle sind äußerst gewünscht. Außerdem ist das Erscheinen zum täglichen 3 bis 4-stündigen Plenum im hohen Maße empfohlen. Die uns vorliegenden Machtstrukturen sollen täglich anerkannt doch gleichzeitig versucht durchbrochen zu werden.
Auf zu linken Visionen!
Episode 1711Ka schaut gelangweilt vom Board Computer auf. „Ich möchte so gern bald einfach irgendwo landen, was war nochmal unser nächstes Forschungsobjekt?“ Lamou rollte ironisch mit den Augen, „du sollst bitte unsere nächsten Forschungswelten nicht so objektifizieren, wir wollen hier von ihnen lernen auf Augenhöhe, weil wir es ständig vermasseln.“ Ka: „Ja mensch du weißt schon, was ich meine“ Ka und Lamou blickten sich kurz in die Augen und lächeln sich an, ein hoch auf die entschuldigende Fehlerkultur.
Tian kommt einen Schritt näher zu einem der Bildschirme und klickt auf ein paar Projektionen, um sich das letzte Forschungsdesign und ihren jetzigen Standort genauer anzuschauen. „Wenn ich es richtig sehe, sind wir unweit entfernt von Planet Niella, ein Planet, der eine spannende Form der zwischenmenschlichen Beziehung pflegt, entfernt.“ Tian interessiert sich für so gefühlt alle Orte, an denen mehre Personen auf interessante Weise zusammenwohnen oder Wohnprojekte planen.
Ka und Uli schauen lächelnd wegen des Nerdkrams zu Tian und Tian führt aus: „Auf Niella fühlen sich die meisten Bewohnenden schon bedrängt, wenn sich ihnen ein weiteres Wesen auf 4 km nähert. Deswegen kriegt da jedes bewohnende Wesen zur Geburt ein Stück Land, was so eingezäunt ist, dass es zum nächsten Stück Land eigentlich immer mindestens 4 km entfernt sind. Nur alle 5 Jahre gibt es das so genannte ‚Nähe-Fest‘: Dabei treffen sich immer 3 Personen, die am nächsten zueinander wohnen und verbringen 3 Stunden miteinander und fragen sich ängstlich wie so ihr Tag war und das Wetter so in der letzten Zeit. Irgendwie benötigen die Bewohnenden von Niella schon diese kurze Nähe untereinander, sind dann aber auch immer sehr froh, wenn sie damit durch sind. Vielleicht könnte ich da zu der kollektiven Form des ‚Nähe-Fests‘ forschen und wie sie sich trotz großer Autonomie ihre Nähe zeigen?“
„Sind dir das nicht ein paar Leute zu wenig?“ fragt Lamou lachend „und denkst du, wenn die so wenig Lust auf menschliche Beziehungen haben, haben die dann plötzlich Lust sich mit dir zu unterhalten und Interviews zu führen?“ Tian nickt „fair point“, darüber hat Tian im Forschungseifer nicht nachgedacht, dass so furchtbar introvertierte Personen da vielleicht nicht das aller größte Interesse dran haben könnten, ach diese verdammte Forschungsethik.
Ka schaut mit auf Tians Bildschirm: „Mhm, okay gerade liegt ein potenzieller Forschungsschwerpunkt beim Thema Antikapitalismus und der Erforschung von solidarischen Projekten, ich habe gelesen, dass es auf dem Planeten Eipotu einige Lebensformen gibt, die krass-progressive Strukturen aufgebaut haben“, „wie weit ist der gerade entfernt?“ fragt Lamou. Ka tippt ein paar Berechnungen ein und lacht, ey nur drei sehr-dolle-Beschleunigungsturbo-Stunden entfernt!!“. Alle sind sehr hyped und fragen Ka gar nicht was genau für krasse Strukturen das wohl sind, naja sie werden es wohl schon noch herausfinden.
Nach drei sehr-dollen-Beschleunigungsturbo-Stunden landen sie mit ihrem Raumschiff auf Eipotu. Eipotu ist sehr gut an die Galaxie-Kommunikation angeschlossen und die Gang konnte sie leicht über ihre Hyper-Funk-Geräte nach Konsens fragen, ob sie auf dem Planeten landen dürfen. Ihnen wurde mit einer extrem freundlichen Nachricht Eintritt gewehrt. Auf der besprochenen Freifläche angekommen, erwarten die Linksradikale Gang auch schon drei Gesandte des Planeten. „Willkommen!!“ rufen sie in überschwänglicher Freundlichkeit „Wir konnten ihre Ankunft kaum mehr erwarten! Wir freuen uns immer so darüber unser kleines Paradies mit Unwissenden zu teilen. Wir möchten euch in unsere antikapitalistische, klimagerechte, genderneutrale, autoritätsfremde Welt einladen. Ist für euch bestimmt alles ganz fürchterlich, wenn ihr merkt, wie schrecklich die Welten, die ihr bisher kanntet, dagegen sind. Unser Planet ist das beste Beispiel für eine nie enden wollende grenzenlose Solidarität“. Uli spürt gleich ein leicht verwirrtes Gefühl und flüstert zu Tian: „Kommt dir das auch irgendwie ein bisschen drüber vor?“ Auch die anderen tauschen irritierte Blicke aus. Doch Ka macht die Augen groß und hält die anderen an sich zu benehmen. Lamou ergreift das Wort: „Vielen Dank für die spontane schnelle Möglichkeit ihre Welt besuchen zu dürfen, wie wir ja schon gefunkt haben, interessieren wir uns für alle linksradikalen Welten, die es geschafft haben, den Kapitalismus und andere ausbeuterische Systeme zu überwinden und solidarische Prinzipien zu leben. Und wollen lernen und erforschen, was es für eine gerechtere Welt braucht.“ „Ja da seid ihr hier genau richtig, auch wenn es hier nie richtige Ungerechtigkeit gab, das hier ist die gerechteste Welt aller Welten, sagt lebewesen sich.“ „Und die bescheidenste“ flüstert Uli heimlich hinterher.
Die Gang folgt ihren drei Gesandten. „Wir fahren euch in unserem komplett alles neutral-strom-erzeugten Fahrgeräten in die Nähe einer großen Stadt (die Städte sind natürlich auch nicht-hierarchisch organisiert, deswegen haben wir keine Hauptstädte oder Kleinstadt oder so etwas). Dort können wir euch viel von unserem Paradies präsentieren. Tretet ein!“ Die Crew setzt sich in das äußerst bequeme Gerät. Auf der Fahrt passieren sie weite Felder, einige Wälder und türkis-blau glitzernde Seen an manchen Ecken stehen kleine Häuser, Lebewesen bekommen sie jedoch noch keine zu Gesicht. „Wie viele Lebewesen gibt es hier?“ fragt Tian. Die drei Gesandten werfen sich Blicke zu, „so viele wie es eben braucht“ antwortet eine*r der drei.
Es macht sich eine etwas unangenehme Stille im Fahrgerät breit, bis Lamou das Wort ergreift. „Dürfen wir ihnen ein paar Fragen stellen?“ Eine*r der Gesandten nickt gebieterisch und murmelt ein „Selbstverständlich! Wir sind eine sehr offene Welt!“ „Super vielen Dank, wie organisiert sich ihre Welt? Ich bin mir nicht sicher, ob ich so richtig verstanden habe, wie die Lebewesen hier kommunizieren und sich organisieren und wie ihre Vorstellung von Gerechtigkeit und deren Umsetzung genau aussieht?“ „Viele spannende Fragen,“ nicken die Gesandten und dann verschwimmt alles vor den Augen unserer linksradikalen Gang. Ka reibt sich die Augen und kann sich kaum orientieren. Der Raum um Ka ist sehr schlecht beleuchtet. Beim Umschauen erkennt Ka die Umrisse von Uli, macht einen benommenen torkelnden Schritt in die Richtung und fällt zu deren Fußen hin. Ka schüttelt Uli leicht, Uli reibt sich die Augen und fragt dann verschlafen: „Wo bin ich?“, „ich weiß es nicht“ antwortet Ka, „aber ich glaube es sieht nicht gut für uns aus.“ Ein weiteres Murren ertönt aus einer dunklen Ecke des Raumes, Tian schleppt sich zu den beiden. Alle drei sind benommen und verwirrt, „ich glaube die haben uns mit irgendwas betäubt“. „Wo ist Lamou?“
Tian tippt auf deren Handgelenk, wo ein Notfall-Super-Kommunikator eingebaut ist. Eine Nachricht der linken verbündeten Revolutions-Föderation zeichnet sich daraufhin auf der sich öffnenden Projektion ab: „Hallo, Forschungsteam! Ihr seid nicht auf Eipotu gelandet, sondern auf einer gemeinen 180 Grad Negativ-Spiegelung Noisulli, erstellt von der Flotte der intergalaktischen-kapitalistischen Sternenzerstörer. Sesom Trebor und seine Flotte haben sich in das System von Eipotu eingehackt, um die schöne linksradikale Utopie zu stören und Besucher*innen und Forscher*innen abzufangen. Wir senden Verstärkung!“ Die drei schlucken und schauen sich beunruhigt an und wo ist Lamou?
To be continued…